Der Silvaner
Stillschweigend thront er auf fränkischen Hügeln,
schüchtern verletzlich beginnt er die Zeit.
Wild wird die Fahrt und kein Mensch kann sie zügeln,
Leitsatz des Winzers: „Sei immer bereit.“
Niedergezogen erwacht er im Frühling,
Arme geöffnet für Wärme und Licht.
Kälte verhöhnt ihn als zögernden Feigling,
Warnung des Winzers: „Beeile dich nicht!“
Wildwuchernd rankt er auf stählernen Saiten,
maßloses Wachstum bewirkt Rauferei.
Heftende Helfer bekämpfen sein Streiten,
Trostwort des Winzers: „Im Herbst ist‘s vorbei.“
Achtsam erreichen die zuckrigen Trauben
Kellergewölbe im Meistergewand.
Hände, die Fülle und Reife erlauben,
Weisheit des Winzers: „Gefühl vor Verstand.“
Vielsagend fließt er in trockene Münder,
erdig, harmonisch, zartblumig zugleich.
Trinken genießt man, so stirbt‘s sich gesünder,
Grabspruch des Winzers: „Der Wein war sein Reich.“
